Die Fotografien, welche Josef Wolfgang Mayer im Sommer des Jahres 1990 anfertigte, zeigen die Berliner Mauer, vor allem aber deren Durchbrüche und Überreste: Das optische wie auch psychologische Erfassen einer nur sehr kurz währenden, spezifisch deutsch-deutschen Landschaft, die einem Zustand schneller Veränderung unterliegt. Die Fotografien wirken entschleunigt, entgegen der Hochgeschwindigkeit, mit der wir aus heutiger Sicht die Umwandlungen und Umwertungen, welche in diesen Monaten stattfanden, wahrnehmen. Die Zeitebene des historischen Dokumentes mischt sich mit dem „Hier und Jetzt“ des Betrachters, in dessen Rücken sich die Geschichte und Veränderungen der letzten dreißig Jahre abgelagert haben. Grundsätzliches Prinzip der vorliegenden Serie ist die Darstellung des Raumes als Triptychon. Das Bildformat wird so in den Bereich des Panoramas erweitert. Ein Überblick entsteht, eine gestaffelte Stadtlandschaft. Die Einheit von Ort und Zeit ist scheinbar eingehalten, auch wenn wir wissen, dass die Bilder in kurzen Zeitabständen nacheinander aufgenommen wurden. Diese Bilderabfolge nehmen wir, ähnlich der filmischen Sequenz eines Kameraschwenks, trotz der optischen Einschränkung unseres natürlichen Sehfeldes als ein homogenes Tableau wahr. Die Triptychen setzen eine innere Montage der einzelnen Bilder durch den Betrachter voraus, ein Verarbeiten des Raumes, der vor ihm liegt, in eine geschlossene Landschaft. Das Prinzip der Serie sowie Trennung und Montage erschaffen einen Ort der Verwandlung, der gleichzeitig auch ein Ort der eigenen Auflösung und des Verschwindens ist.
Mit Texten von Prof. Dr. Peter Steinbach und Thomas Gust.
Ein technisch sehr aufwendiges Buchprojekt mit 42 Ausklappseiten, dass durch die großartige Zusammenarbeit mit Jochen Wanderer umgesetzt werden konnte.